Frage zu Cantienica bei schwerer Skoliose (75° BWS, 30° LWS)

Fragen zur CANTIENICA®-Methode und zum Buch “Tigerfeeling – Das Rückenprogramm fur sie und ihn". Hilft bei Rückenbeschwerden, Skoliosen, Beckenschiefstand, Scheuermanns Krankheit, ISG-Syndrom, Steissbein-Syndrom etc.
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Benita Cantieni
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Re: Frage zu Cantienica bei schwerer Skoliose (75° BWS, 30° LWS)

Beitrag von Benita Cantieni »

Liebe Ine

Platin ist selbstverständlich gut. Die Ausbildungen folgen den Stufen 1 Bronze, 2 Silber, 3 Gold, 4 Platin, 4 ist die höchste Stufe.

Ich erlaube mir noch ein Gegenargument: Ihr Trainer muss nicht wirklich viel Erfahrung mit Skoliosen haben, denn die Erfahrung nützt wenig, weil, wie gesagt, jeder Mensch einmalig ist, und Ihre Skoliose macht Sie sozusagen noch einmaliger. Der Trainer muss verantwortungsvoll und sorgfältig mit der Methode umgehen und Ihnen das Handwerkzeug zeigen, mit dem Sie Ihre Skoliose verändern können. Der Trainer muss die cantienische Schatztruhe kennen und MIT IHNEN herausfinden, was für Sie wirkt.

Wer vorgibt, Ihre Skoliose zu kennen und nach Schema F zu wissen, was Sie brauchen, ist kein guter Begleiter. Suchen Sie sich einen ebenbürtigen Partner, keinen Besserwisser.

Herzlich, BC
Ine287
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Re: Frage zu Cantienica bei schwerer Skoliose (75° BWS, 30° LWS)

Beitrag von Ine287 »

Liebe Frau Cantieni,

herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort! Ich finde es gut, dass Sie realistische Einschätzungen geben: ich verstehe die Devise "Cantienica lebenslänglich" absolut - anders hatte ich es auch gar nicht erwartet. Seit mittlerweile 23 Jahren mache ich jeden Tag mein Programm (bisher für die Skoliose hauptsächlich Schroth) und merke sofort, wenn ich einmal schlampig war. Ohne dieses regelmäßige Training wäre ich bestimmt nicht so gut wie schwerzfrei - die Ärzte sagen immer, ich hätte Glück, ich aber sage: Das ist jahrelange harte Arbeit und Disziplin!

Ihre Anleitung zur Arbeit mit dem Zwerchfell habe ich mir gleich ausgedruckt und in mein Programm eingearbeitet. Die Erklärung leuchtet mir ein: Oberarmmuskeln aus- oder eindrehen macht die Wirbelsäule nicht gerade, sondern übt höchstens peripher einen günstigen Zug aus. Zwerchfell und Levator Ani dagegen sind die besten Zugänge zur Wirbelsäule. Die rechte Seite lasse ich, wie Sie geschrieben haben, etwas mehr Training abbekommen. Wo es nach wie vor etwas hakt, ist beim diagonalen Ausdrehen: re. Oberschenkelmukeln und li. Oberarmmuskeln ausdrehen. Irgendwie will trotzdem immer die rechte Oberarmkugel mit ausdrehen und die linke sträubt sich, da sie durch die Skoliose schon gefühlt maximal ausgedreht ist und es sich dann so anfühlt, als würde die skoliotische Außendrehung der Schulter sich noch verstärken. Vielleicht warte ich mit diesen Bewegungen lieber noch, bis alles "von innen" etwas mehr entdreht ist?

Nach einem Trainer für Privatlektionen suche ich gerade. Es ist nur erfahrungsgemäß leider nicht so einfach jemanden zu finden, der WIRKLICH Erfahrung mit so starken Skoliosen hat. Ich habe verstanden, dass der Trainer auf jeden Fall Status "Silber" haben sollte, aber z.B. Platin würde genauso gehen, oder?

Viele Grüße
Ine
Benita Cantieni
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Re: Frage zu Cantienica bei schwerer Skoliose (75° BWS, 30° LWS)

Beitrag von Benita Cantieni »

Liebe Ine

Ich denke, ich muss den Grundgedanken meiner Skoliose-Arbeit noch mal ausführen: Die Begradigung kommt von innen. Bei dem Beispiel in Ihrem Link muss das Zwerchfell den Brustkorb von innen ent-drehen.

Ich würde in der direkten Arbeit mit Ihnen zuerst das Brustbein dehnen. Die Schlüsselbeine "entkurven" und verlängern. Die Rippen beweglich machen und von innen ausdehnen. Dadurch kommen auch die Thoraxmuskeln in Aktion, die Zwischenrippenmuskeln werden geschmeidig. Das Zwerchfell und die wichtige Zwerchfell-Ösophagus-Schlaufe können sich einmitten. Lungenfell und Lungen werden noch jedem Druck erlöst, die Luftröhre dehnt sich und wird nicht mehr geknickt, Ihr Atemvolumen optimiert sich. Ich wurde so auch mein schweres Bronchialasthma los.

Durch diese Ausrichtung des Zwischenstockwerkes Zwerchfell werden die Rippengelenke und die Wirbel beweglich. Sie lernen, wie Sie das Brustbein in Relation zur Wirbelsäule ausrichten können, ich meine: regelrecht im Fleisch bewegen, und Sie lernen, wie Sie jeden Wirbel einzeln bewegen können.

Heisst: Ihre Frage zum Ausdrehen der Oberarmmuskeln betrifft die Peripherie. Ich empfehle Ihnen, viel Zeit in die Atemübungen im Rückenbuch aufzuwenden. So richten sich die Rippen mit der Zeit VON INNEN symmetrisch aus, und Sie können die Schultern ausrichten.

Auch die Quadrantendehnungen lege ich Ihnen buchstäblich ans Herz: Zeichnen Sie über das Zwerchfell von oben auf Seite 43 ein diagonales Kreuz. Stellen Sie sich vor, dass Sie aus der Mitte dieses Fadenkreuzes das Zwerchfell dehnen, nach vorne rechts und hinten links, vorne links und hinten rechts, hinten rechts und vorne links, hinten links und vorne rechts. Der Körper folgt der Vorstellung. Zum Buckel hin halten Sie die Dehnung kurz, zur Einbuchtung hin verlängern Sie die Dehnung, so, als wäre Ihr Brustkorb schon symmetrisch. Tut Ihnen das gut, können Sie diese Quadrantendehnungen zwischen den einzelnen Rippen machen, im Becken, im Schädel ... jede Skoliose ist ja immer ein Ganzkörpergeschehen.

Für die eigentlichen Übungen empfehle ich Ihnen, rechts anzufangen, dann links, dann noch einmal rechts. So kriegt die rechte Seite etwas mehr. Denn das haben Sie perfekt verstanden: In meiner Methode wird immer auf beiden Seiten gearbeitet. Nochmal: Immer von innen nach aussen arbeiten. Und genau so präzise auf die Ausrichtung der Füsse, auf die Beinachse, die Beweglichkeit der Beckenhälften achten, alles ist mit allem vernetzt. Levator ani und Beckenknochen beeinflussen die Stellung des Brustkorbes enorm. (Ich kann im Moment mein rechtes Schlüsselbein nur über den linken Sitzbeinhöcker perfekt ausrichten; das nur als Beispiel.)

Sie fragen mich nach einer Prognose. Das wäre Scharlatanerie. Erstens werden Sie nur mit dem Buch an Grenzen stossen. Jede Skoliose ist einmalig. Es gibt nicht "die" Skoliosetherapie. Es müssten Ihnen in regelmässigen Abständen die nächsten Übungen auf den Leib geschneidert werden. Das kann (und will) ein Buch für die Allgemeinheit nicht leisten. Auch das Rückenprogramm ist nur ein winziger Ausschnitt meiner grossen Arbeit. Ich kann so eine Begleitung auch hier im Forum nicht leisten. Wenn Sie einen guten CANTIENICA® Körper in Evolution-Trainer in Ihrer Umgebung finden, empfehle ich Ihnen dringend, die Chance zu packen. Sie haben ganz offensichtlich eine grossartige Selbstwahrnehmung – und die notwendige Motivation. Ich kann mir vorstellen, dass Sie mit einer Privatsession alle drei Monate eine perfekte Begleitung haben. Mit einer Betreuung, die Ihre Fortschritte sichert, bleibe ich bei meiner Faustregel: 10 % des Lebensalters. Sie wären demnach in gut 3 Jahren gerade. Doch Achtung: Skoliose heilt nicht. Sie können gerade und schmerzfrei und mit gesunden Organen leben, solange Sie trainieren. Hören Sie auf zu trainieren, fällt das Skelett langsam zurück in die Krümmung.

Damit möchte ich Sie nicht demotivieren, sondern realistisch sein. Ich höre das immer wieder: "Die Methode half, alles war gut, kaum hörte ich auf zu trainieren, kamen die Beschwerden zurück." So ist es. Wenn der Körper ein Fehlprogramm einmal kann, so kann er es auf immer. Für mich ist das kein Fluch, sondern die ultimative Freiheit: Ich habe die Gesundheit meines Körpers in der Hand.

Herzlich alles Gute wünscht BC
Ine287
Beiträge: 2
Registriert: 20. August 2019, 15:34

Frage zu Cantienica bei schwerer Skoliose (75° BWS, 30° LWS)

Beitrag von Ine287 »

Liebe Frau Cantieni,

seit 2 Monaten trainiere ich (32 J. alt) mit Ihrem Buch "Tigerfeeling - das Rückenprogramm" - und Ihre Methode und Erfolgsgeschichte bringt mir neue Hoffnung!! Dieses Jahr hätte ich wegen andauernder Progredienz (jedes Jahr 1-2 Grad mehr...) und Einschränkung des Lungenvolumens operiert werden sollen, aber ich habe mich aufgrund von Schmerzfreiheit erst einmal geweigert und einen Versuch mit Ihrer Methode gestartet und was soll ich sagen... ich spüre, obwohl ich seit viele Jahren verschiedene Gymnastik mache (Schroth, Pilates, Yoga,...), dass Ihre Methode noch einmal ganz anders an die Sache herangeht und tolle Feinheiten zutage bringt. Dies ist quasi meine letzte Chance vor der OP; unbedingt möchte ich also weitermachen - mir brennt allerdings eine konkrete Frage auf der Seele und hoffe, Sie können mir diese in diesem Rahmen beantworten.

- Konkret zur Übung "Oberarmmmuskeln ausdrehen" & "Oberschenkelmuskeln ausdrehen": Mein Hauptbogen liegt rechtskonvex in der BWS (75°), mit Verdrehung nach rechts. Daher Rippenbuckel rechts, rechtes Schulterblatt steht ab, rechte Schulter steht vorn, Oberarmkugel ist nach innen eingedreht. Links dagegen die "schwache Seite", das Schulterblatt verschwindet quasi, linke Schulter steht nach hinten, die Oberarmkugel ist schon maximal ausgedreht. (Hier habe ich im Internet ein Bild gefunden, welches meinem Rücken ähnelt): https://physiomeetsscience.com/skoliose ... ne-review/)
Mein Problem ist, dass ich die linke Oberarmkugel kaum noch mehr ausdrehen kann. Drehe ich dagegen die rechte Oberarmkugel aus und parallel die rechten Oberschenkelmuskeln (also auf der gleichen Seite statt überkreuz), fühlt es sich so an, als korrigiere dies den Rippelbuckel. Wenn ich parallel noch die linke Oberarmkugel EIN (statt aus) drehe, sehe ich mein linkes Schulterblatt wieder und alles fühlt sich entdrehter und "richtiger" an, sieht auch im Spiegel so aus.
Somit würde ich aber nur einseitig trainieren, das Prinzip des Kreuzgangs wäre natürlich auch verletzt.
Wie ist Ihre Einschätzung dazu? Soll man auch mit so starken Skoliosen und Verdrehungen alles symmetrisch trainieren und der Körper arrangiert sich dann irgendwie? Oder bewusst auch einseitig, wenn dies mehr Sinn macht?

- Allgemein möchte ich Sie noch fragen, welche Chancen Sie in meinem Fall sehen. Wenn ich versuche, mich wie Sie 24h aufzuspannen, könnte ich vielleicht einen Stillstand oder sogar eine Verbesserung erreichen? Könnte ich jahrelang im Korsett gequetschte und verformte Rippen wieder "ausdehnen"? Vielleicht wäre eine Begradigung des unteren kleinen Bogens (30°) möglich?

- Und: halten Sie auch während des Röntgens die "Aufspannung"?

Ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar für einen konkreten Tipp zum Ausdrehen und eine allgemeine Einschätzung!

Herzlichen Dank und viele Grüße,

Ine
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